Der Kreativität keine Grenzen setzen
Gastbeitrag der Initiative für ein Kulturzentrum auf dem ehemaligen Fliegerhorst / Plädoyer für den Mut, „das Unmögliche zu denken“
Sylt
Obwohl die Nulllösung für das Gelände des ehemaligen Fliegerhorstes beschlossene Sache ist, kommt die öffentliche Diskussion über mögliche Teilnutzungen nicht zur Ruhe. Zuletzt wurde angesichts leerer Kassen politisch heftig über die schließlich beschlossene Bereitstellung von 300 000 Euro für den Beginn des Abrisses gestritten. In dieser Diskussion meldet sich jetzt eine Gruppe von Syltern zu Wort, die sich seit einiger Zeit für ein Kulturzentrum in der Halle 28 engagiert. Sie plädiert für ein Innehalten, um der Frage nachzugehen, was wirklich sinnvoll ist.„Einige Fragen wirft der Diskussionsprozess der letzten Monate auf. Immer wieder tauchen Beschwörungsformeln von hohen Nachzahlungen an den Bund bei einer Weiternutzung des Geländes auf. Die Angst, diese besondere Fläche doch noch an einen Investor zu verlieren, steckt vielen nach dem Desaster der Keitumer Therme in den Knochen. Vergessen wird dabei, dass ausschließlich die Gemeinde die Planungshoheit über das Gelände besitzt.
Alles andere als eine Nulllösung scheint undenkbar. Aufgrund der schweren Zeiten, der noch unwägbaren Entwicklungen der Keitum Therme und der wahrscheinlich hohen Summe, die man für den Abriss des Fliegerhorstes verwenden müsste, fand sich eine Mehrheit, die jetzt und hier mit dem Sparen beginnen möchte. Ein Zeichen müsste gesetzt, ein allmählicher Abriss in die Wege geleitet werden. Aber müsste man nicht noch einmal zwei Schritte zurück gehen, denn in den meisten Fraktionen scheint es auch Gegenstimmen zu dieser teuren Zeichensetzung zu geben.
Der Schritt liegt eigentlich auf der Hand: Es gilt, alle Möglichkeiten zu prüfen. Zunächst einmal müssen die Kosten des Abrisses beziffert werden. Es sollte eine Ausschreibung für diese Leistung von einer Fachfirma erstellt werden, gegebenenfalls müssen gezielte Untersuchungen vorgenommen und Bodenproben entnommen werden, damit eine konkrete Summe für einen Totalabriss benannt werden kann.
Parallel sollte eine Dokumentation des Bestandes auf dem Fliegerhorst erfolgen und geklärt werden, welche Gebäude vorrangig zu entfernen wären, welche Bausubstanz definitiv nicht erhaltenswert ist und wie ein systematisches Vorgehen aussehen könnte.
Und dann gilt es, sich frei von Ängsten zu trauen, das Unmögliche zu denken. Die Konzepte, die von Sylter Bürgern, wie wir es sind, erstellt worden sind, zu hören und sich in diese Gedanken hinein zu versetzen. Die Idee zuzulassen, vielleicht nicht alles zu zerstören, sondern über ein Nutzungskonzept nachzudenken, was die insulare Gemeinschaft stärkt und die Lebensqualität auf lange Sicht erhöht.
Das Konzept für ein Sylter Kulturzentrum
Wir stellen uns für dieses Gebiet keine Lösung der Wohnungsfrage, keinen neuen Stadtteil, keine weitere Großinvestition vor, sondern eine Chance, die kulturelle Identität der Sylter an einem besonderen Ort zu stärken. Dieses Konzept soll sich selber tragen und keinen wirtschaftlichen Interessen unterliegen.
Wir haben den Schwerpunkt auf die Hallen gelegt, die eine außergewöhnliche Größe und Architektur aufweisen, das heißt auch, neue Möglichkeiten bieten. An dieser Stelle wäre ein Kulturzentrum für Insulaner und Inselliebhaber denkbar, ein Ort, an dem große wie kleine Veranstaltungen stattfinden können. Ein Kulturreservat, an dem viel Eigeninitiative und Freude gefragt ist, ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche willkommen sind, an dem Kreativität Platz hat, an dem es überhaupt Platz gibt – ein hohes Gut auf dieser Insel. Ein Ort, an dem Veranstaltungen wie der Tanz der Gezeiten, die Ehrenamtsmesse oder Bälle und Konzerte ein Zuhause finden könnten. An dem es die Möglichkeit gibt, private Veranstaltungen statt finden zu lassen, aber auch im Sommer eine riesen Party.
Hier könnte Ina Müller trockenen Fußes die Zuschauer begeistern, Konzerte oder sonstiges hätte einen Rahmen, ein Zirkus, ein Kurzdomizil, es können Künstler und Musiker Räume anmieten, vielleicht gäbe es sogar Flächen für Existenzgründer auf Zeit? Viele Ideen sind möglich, der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Und wenn man dann wieder in die Realität zurück kommt, bleibt doch die Aufgabe, genau diese Möglichkeit eines kulturellen Zentrums auch im Hinblick auf die Kosten zu prüfen. Wie hoch wären die Baukosten, wie hoch schätzte man die Unterhaltungskosten ein und wie hoch sind die tatsächlich von der BImA geforderten Rückzahlungen für das oder die Gebäude, die dann zur Diskussion ständen? Ist womöglich für diese besonderen Gebäude der Ankauf günstiger als der Abriss? Denkbar wäre dies als selbstverwaltetes Projekt, indem Vereine, Gemeinde, Privatpersonen, Förderer und Nutzer das Projekt tragen.
Wenn man dann feststellen würde, dass dies nicht zu finanzieren wäre, dann könnte unter diese Ideen ein Schlussstrich gezogen werden. Aber vorher nicht. Auch für die Nulllösung muss unserer Meinung nach bedacht werden, dass die Renaturierung einer solchen Fläche Geld kostet. Dies muss beziffert werden. Auch hier ist eine Planung für die Gestaltung der Fläche als Landschaftsraum erforderlich. Was muss geschehen, um die Fläche statt zu einem Kultur- zu einem Naturreservat zu machen und was kostet es?
Erst dann kann man die verschiedenen Ansätze nebeneinander legen und sich wirklich ein Bild machen. Vielleicht gilt es, „Leuchttürme“ am Fliegerhorst zu setzen, die aus der Natur herausragen und eine spätere Gesamtüberplanung dieser besonderen Fläche für Großprojekte auf alle Zeiten zunichte machen.“
Birte Welling-Volquardsen